“Starkes, freies Land“!

Interview pour le magazine ZUERST!   Warum zieht es Ausländer wie Gerard Depardieu nach Rußland? Der in Rußland lebende Franzose Alexandre Latsa weiß die Antwort   Herr Latsa, der französische Schauspieler Gerard Depardieu bevorzugt es, einen russischen Paß zu haben. Einige westliche Medien zweifeln nun an seinem Geisteszustand. Können Sie die Entscheidung von Depardieu verstehen?  Latsa: Selbstverständlich! Wie viele andere Franzosen übrigens auch. Im Jahr 2010 bekamen 4.500 Franzosen einen russischen Paß. Viele von ihnen haben russische Wurzeln, aber einige andere auch nicht. Diese ganze Entwicklung ist also nicht neu, nur die hysterische Reaktion der Medien. Dabei haben bereits so viele Franzosen ihr Land verlassen, vor allem wegen der hohen Steuern. Viele Prominente sind darunter, Schauspieler, Sportler und Geschäftsleute. Warum macht man dann um Depardieu so einen Wirbel? Latsa: Die Medien sind besonders hart mit Gerard Depardieu. Ich glaube, daß das mehrere Gründe hat. Erstens ist er ein echter Franzose, er stammt aus einer sehr armen Familie, und er machte Karriere dank seines Talents und nicht wegen irgendwelcher Beziehungen seiner Familie. Solche Karrieren sind mittlerweile selten in Frankreich. Dann nahm er ja nicht nur die Staatsbürgerschaft an, sondern zeigte sich in den Medien als echter Freund Rußlands und seines Präsidenten. Er bezeichnete Rußland als eine echte Demokratie, das wollen weder Journalisten noch Politiker hören. 
Aber es ist die Wahrheit: Rußland ist nicht weniger demokratisch als jedes andere westliche Land. 

Der russische Präsident Wladimir Putin  hat Depardieu sogar persönlich willkommen geheißen. Die westlichen Medien schimpfen, das sei ein großer Propaganda- Coup der russischen Regierung… Latsa: Wladimir Putin hat einfach einen großartigen Sinn für Humor! Ich kann mir gut vorstellen, daß das eine Art persönliche Vergeltung für diePussy Riot“-Kampagne ist, als die westlichen Staaten Rußland scharf kritisierten. Aber mal ernsthaft: Der ganze Vorgang ist nichts weiter als die rechtmäßige Entscheidung eines souveränen Präsidenten eines souveränen, unabhängigen Landes. Die westlichen Politiker scheinen die Bedeutung dieser Begriffe schon lange nicht mehr zu verstehen.     Rußland ist wegen seiner Einheitssteuer von 13 Prozent besonders attraktiv. Aber gibt es noch andere Gründe, sich für die russische Staatsbürgerschaft zu begeistern? Latsa: Wenn wir speziell über Gerard Depardieu sprechen, bin ich mir sicher, daß es für ihn Gründe gibt, die noch viel wichtiger als die sogenannte “Flat Tax“ sind.    Zum Beispiel?  Latsa: In der Vergangenheit mußte der Schauspieler einige schwere Krisen durchleben, beispielsweise den schrecklichen Tod seines Sohnes. Gerade während dieser Zeit wurde er von Journalisten belagert, die erheblichen Druck auf ihn ausübten. Dann, in der Folge, hatte er einige Probleme mit Alkohol, er ist betrunken gefahren, prügelte sich – naja, unschöne Dinge eben. 

Das passiert doch anderen Prominenten auch… 
Latsa: Richtig, aber verglichen mit dem Medienrummel um Depardieu werden die anderen geradezu geschont – obwohl sie sich viel Schlimmeres geleistet haben. 

  Vielleicht hatte er auch politische Gründe?
Latsa: Die politischen Ansichten von Gerard Depardieu scheinen ziemlich unklar. Jahrelang hat er in Frankreich die Linken unterstützt, dann wählte er Nicolas Sarkozy – und nun ist er ein Freund von Wladimir Putin. Also ich würde sagen: Je älter er wird, desto weiser wird er auch. Aber Spaß beiseite: Früher gingen viele Franzosen nach Rußland, um dort zu arbeiten oder wegen der schönen Mädchen. Aber speziell seit 2008 kann man bei vielen Übersiedlern tatsächlich von „politischen Gründen“ sprechen.

Inwiefern? 

Latsa: Vor allem nach der Banken- undWirtschaftskrise sind immer mehr Bürger genervt vom westlichen System und der Mentalität. Sie wollen in ihrem Leben etwas Neues wagen und sehen in Frankreich kaum Chancen.   

Sie selber sind auch Franzose, der in Rußland lebt… 
Latsa: Ich bin in Rußland im Personalmanagement tätig. Gerade in diesem Beruf habe ich einen sehr guten Einblick. Ich kann Ihnen sagen: Der durchschnittliche Franzose, der nach Rußland emigriert, ist nicht mehr die Spitzenfachkraft mit exzellenten Zeugnissen. Es sind mittlerweile ganz normale Bürger ohne eine besondere Ausbildung, die der EU entkommen wollen.  Die meisten von ihnen schaffen es, sich in Rußland eine Existenz aufzubauen.  

Viele Russen scheinen das aber anders zu sehen und ziehen in die EU oder in die USA…
Latsa: Der Wegzug der russischen Bürger war früher stärker als heute. Immer weniger Russen kehren ihrem Land den Rücken, was nur logisch ist. Rußland ist in einer wirtschaftlich sehr guten Situation.  

Westliche Medien und Politiker kritisieren Rußland wegen angeblicher Verstöße gegen Bürger- und Menschenrechte…
Latsa: Die Realität hat mit dem, was westliche Medien schreiben, nichts zu tun. Es ist schon komisch, daß in allen westlichen Ländern die Mainstreammedien immer schlecht über Rußland schreiben. In Frankreich ist es fast eine Art Tradition, in Deutschland auch. Oft schreiben westliche Journalisten über Rußland, als sei es ein Dritte-Welt- Land. Das Bild, das sie von Rußland zeichnen, ist dabei völlig falsch.   

Wie ist es tatsächlich?
Latsa: Rußland wandelt und modernisiert sich in enormer Geschwindigkeit. Andererseits – und ich halte das für eine Stärke Rußlands – bleibt vieles erhalten. Die vielen alten Dörfer auf dem Land zum Beispiel verändern sich kaum. In Rußland leben heute gleichzeitig das 19., 20. und 21. Jahrhundert.  

Wie steht es um die staat liche Unterdrückung von Freiheiten? 
Latsa: Das ist Unsinn. Ich habe mich selber journalistisch bereits mit den vielen Mythen über Rußland befaßt, die in den westlichen Medien verbreitet werden. Rußland ist absolut kein Unterdrückungsstaat. Das ist pure Propaganda. Das bestätigen auch die Ausländer, die hier leben und arbeiten. Wir leben in einem freien Land, wir fühlen uns frei! Hier gibt es keine Political Correctness, wir können sagen, was wir wollen. Die Straßenkriminalität ist auf niedrigem Niveau, es gibt keine ethnischen Gettos, wie beispielsweise in den europäischen Großstädten.  

Glauben Sie, daß noch andere Prominente nun Gerard Depardieu folgen werden und auch die russische Staatsbürgerschaft beantragen?
Latsa: Schwer zu sagen, Brigitte Bardot sagte ja vor einiger Zeit, sie wolle die russische Staatsbürgerschaft beantragen. Ich glaube aber, daß in Zukunft immer mehr Europäer nach Rußland kommen werden und auch die russische Staatsbürgerschaft beantragen werden.  

Warum?
Latsa: Gerade Europa kämpft immer mehr mit seinen Problemen, die schwache politische Klasse ist nicht in der Lage, diese Probleme zu lösen. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten zehn Jahren noch verschlimmern. Auch die Wirtschafts- und Eurokrise ist noch lange nicht ausgestanden, Arbeitslosigkeit und Unsicherheit wachsen. Rußland ist kein Teil dieses Systems, was sich als Vorteil herausstellt. Moskau verfolgt ein anderes politisches Modell als der Westen – wofür man Rußland ja auch immer wieder kritisiert. Während der Westen schwächelt, bildet sich in Rußland eine fähige politische Elite, die in Jahrzehnten denkt und nicht nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode. Der Weg Rußlands ist klar: Es wird ein starkes und reiches Land werden und dabei seine Souveränität behalten.   

Herr Latsa, vielen Dank für das Gespräch.

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